Und dann kam ChatGPT
Polly war ein außergewöhnliches Pferd. Nicht nur wegen ihrer auffälligen Fellzeichnung, die wie ein kunstvolles Spiel aus Weiß und satten Brauntönen über ihren schlanken Körper verteilt war und sie auf jedem Hof aus der Menge herausstechen ließ, sondern auch wegen der lebhaften Intelligenz, die in ihren glänzenden Augen zu blitzen schien. Seit sie ein kleines Kind war, hatte Sandy von genau so einem Pferd geträumt. Schon damals war sie sich sicher, dass ein solch anmutiges Tier ihre beste Freundin und ein treuer Begleiter werden würde.
Im Laufe der Jahre hatte Sandy mit unerschütterlichem Eifer gearbeitet, um ihren Traum zu verwirklichen. Der Geruch von frischem Heu und der warme Körper eines Pferdes unter ihren Händen waren ihr stets eine Freude gewesen, selbst wenn die harte Arbeit des Stallausmistens sich wie eine endlose Aufgabe anfühlte. Die Sporen, die sie schließlich vom Reitstall erhielt, waren für sie eine Trophäe, ein Zeichen dafür, dass ihre Bemühungen nicht umsonst gewesen waren. Sie träumte oft von dem Tag, an dem sie ihr eigenes Pferd am Zügel halten würde, wie es sie erwartungsvoll ansah und sie ein neues Kapitel ihres gemeinsamen Abenteuers beginnen.
Ihre Eltern, besorgt und doch voller Verständnis für den brennenden Wunsch ihrer Tochter, hatten das Gespräch gesucht, ob dieses Herzensanliegen wirklich der richtige Weg sei. Doch Sandys unerschütterliche Leidenschaft und Hingabe hatten sie schließlich überzeugt. Wochenlang durchforsteten sie Internetseiten und Kontakte, bis sie schließlich von einer wohlbekannten Araberstute namens Polly hörten – ein Vollblutpferd mit einem Stammbaum, der bis in die zeitlosen Wüsten Arabiens reichte, aber durch ihr ungewöhnliches äußeres Erscheinungsbild bis dahin in Vergessenheit zu geraten drohte.
Sandys Herz schlug schneller, als der Trailer sich dem Hof näherte. Die Atmosphäre war greifbar, eine Mischung aus Erwartung und Erfüllung. Selbst die Luft schien still zu stehen, als die Klappe des Anhängers sich senkte. Da stand sie – Polly. Ihr Körper glänzte in der Morgensonne, und mit eleganten, federnden Schritten trat sie hinaus in ihr neues Leben.
Für einen magischen Moment schien die Zeit stillzustehen, als ihre Augen aufeinandertrafen. Polly schnaubte sanft und neigte den Kopf, während Sandys Herz vor Aufregung hüpfte. Doch dann, wie aus dem Nichts, schlich sich ein seltsames Gefühl in Sandys Brust. Es war, als würde sie plötzlich die Last all der gestauten Träume und Erwartungen bemerken, die sich über die Jahre in ihrem Inneren angesammelt hatten.
Der Gedanke, dass Polly nun ihre Verantwortung sein würde, riesig und lebendig vor ihr stand, war überwältigend. Sie betrachtete die Punkte auf Pollys Fell, die in der Sonne zu tanzen schienen, und plötzlich wirkten sie albern, wie übermütige Spritzer auf einem ansonsten makellosen Gemälde. Etwas, das sie hätte lieben können, löste plötzlich unbestimmte Zweifel in ihr aus. Ein innerer Sturm aus Unsicherheit und Widerstreit prasselte auf sie herab.
Sandy atmete tief durch und drehte sich um, den vertrauten Geruch des Stalls hinter sich lassend. Sie spürte, wie all die Jahre, die sie hier verbracht hatte, mit einem Mal schwer auf ihren Schultern lasteten. Mit jedem Schritt entfernte sie sich weiter von einem Leben, das sie glaubte, für sich zu wollen. Sandys Traum war nie gewesen, ein Pferd zu besitzen, das in seiner Andersartigkeit genauso viel von ihr forderte, wie es zu geben versprach. Sie realisierte, dass die Vorstellung ihres Traumes und die Realität nun in scharfem Gegensatz zueinander standen.
Als sie schließlich den Reitstall verließ, wusste Sandy nicht, was die Zukunft für sie bereithalten würde. Aber in ihrem Herzen spürte sie, dass sie einen Aufbruch wagte – hin zu einer neuen Zukunft, die noch voller unausgesprochener Möglichkeiten und unerwarteter Wendungen war. Polly sah ihr hinterher und scharrte leicht mit dem Huf, als hätte sie die trügerische Vergänglichkeit eines Traumes verstanden.